Eine Analyse über die geografische Verteilung der Parteienlandschaft.

Wer sich die Verteilung der Wahlgewinner in Berlin 2023 anschaut, der merkt, dass das gewohnte Rot einem großen schwarzen Ring gewichen ist. Dieser Ring umschließt einen grünen Kern im Zentrum. Und diese Verteilung kommt nicht von ungefähr.

Welche Menschen leben denn wo in Berlin? Was haben diese Menschen für Probleme, wie reagiert die Politik auf diese Probleme?

Regionale Unterschiede kann man ja auf der ganzen Welt feststellen. Dass ein Afrikaner in der Wüste andere Probleme hat, als ein Eskimo dürfte klar sein. Dass Menschen in San Franzisko einen anderen Konsum haben, als Menschen in Paris verwundert ebenfalls keinen. In Deutschland gibt es neben geografischen Unterschieden vom Meer, über Ebenen bis in die Berge auch historische und Wertedifferenzen. Ein stolzer Bayer wird sich nie mit einem Schwaben identifizieren. Menschen in Sachsen werden nicht von Westphalen verstanden und Saarländer verstehen keine Brandenburger Probleme. Auch in Berlin gibt es diese Unterschiede. Wir haben ja eine Stadt, die nicht nur bunt und urban ist, sondern auch Seen, Wälder und (der Bayer würde über diesen Ausdruck lachen) Berge. Wer um den Müggelsee schlendert erlebt ein anderes Lebensgefühl, als jemand, der in Moabit um die Häuser zieht.

Und genau diese Unterschiede werden von einer ideologischen Politik ignoriert. Wer in Mitte wohnt, braucht kein Auto, denn er hat den Bus vor der Tür und ist schneller auf Arbeit, als er einen Parkplatz gefunden hätte. Wer aber in Müggelheim wohnt kommt mit Öffentlichen nur sehr langsam voran. Weitflächiges Umland, wie in Lichtenrade, Spandau, Köpenick machen das Auto zu einer Notwendigkeit, die ein Städter nicht verstehen kann. Fahren Sie doch mal mit 3 Kindern und Einkauf 5 mal umsteigend 2 Stunden durch die Randgebiete. Wer kann, nimmt auch im Umland gerne das Fahrrad, denn im Gegensatz zu Neukölln lohnt sich die Fahrt vorbei am Tegeler See. Aber nicht jeder kann das. Das Berliner Schul- und Kitaproblem macht es notwendig, dass täglich halbe Weltreisen durch die Stadt unternommen werden müssen. Es liegt nicht daran, dass Helikoptereltern ihre Kinder bis vor die Schule fahren, sondern es gäbe für manche sonst einfach keinen zumutbaren Schulweg. Und da nützen auch Anreize wie 9 Euro Tickets nichts, um die Menschen im Umland vom Auto abzugewöhnen. Menschen aus Friedrichshain-Kreuzberg werden einen Mariendorfer oder Reinickendorfer oder Grünauer nie verstehen.

Im Gegenzug haben Menschen aus den Randgebieten keine Berührungspunkte mit E-Scootern, Car-Sharing oder Clans. Die Politik, die für die Menschen gemacht werden muss, sollte also auch eine andere sein, je nachdem, wo sie herkommen. Viele Politiker ignorieren das aber. Und deswegen werden Grüne auch niemals in Randgebieten punkten. Konservative hingegen haben im hippen Zentrum nur wenig Zuspruch. Ein Senat, der für ganz Berlin tätig sein will, muss diese Unterschiede kennen und akzeptieren. Eine Aufgabe der Bezirke, denen leider vom Senat viele Befugnisse entzogen werden. Probleme im Umland sind eben nicht so wichtig. Anders kann man nicht erklären, dass Rettungswachen in äußeren Bezirken noch für Pferdekarren ausgerichtet sind, Flüchtlingsunterkünfte wahllos ohne Integrationsbemühungen hin gepflastert werden und vor allem die lebensnotwendigen Brücken völlig vernachlässigt werden. Bestes Beispiel ist die Insel Köpenick, die bekanntlich nur mit Wasserüberquerungen erreichbar ist. Im Norden ist es die Salvador-Allende-Brücke, die nach fast 30 Jahren und einem 3-tägigen Blackout endlich wieder vollständig befahrbar ist. Im Westen gibt es die Lange Brücke, die seit den 90ern durch eine mittlerweile selbst baufällige Behelfsbrücke ergänzt wurde und so marode ist, dass sie nur mit 10 km/h befahren werden darf. Diese Brücke ist nebenbei gesagt, die Hauptschlagader, um Menschen nach Osten zu bringen. Im Osten hingegen hat man gerade die Brücke über den Gosener Kanal demontiert und nicht zuletzt seien die historische Dammbrücke und die ebenfalls im Bau befindliche Pyramidenbrücke vor dem Union-Stadion der Alten Försterei erwähnt.

Interessiert es den Senat? Belange am Rande Berlins sind nicht wichtig für das Zentrum der Macht. Reinickendorfer, Pankower, Zehlendorfer und zahlreiche Menschen aus anderen Außenbezirken können ein Lied davon singen. Und genau darum, hat sich nun um das grüne Zentrum ein schwarzer Ring gebildet. Die Menschen haben schmerzlichst gelernt, dass rot-rot-grün kein Interesse an Randgebieten hat. Wer ein Eigenheim besitzt, ist sowieso ein böser Kapitalist und wer mit dem Auto fährt darf erst recht nicht mitreden. Zeit für konservative Politik, die nun trotz der Coronavergangenheit Stimmen gewinnen konnte. Wie sich nun grüne Politik für Mitte und schwarze Politik für die Randbezirke homogenisieren lassen, das kann eine interessante Herausforderung sein. Aber nun sieht sich der Randberliner auch endlich wieder im Abgeordnetenhaus vertreten.

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