Eigentlich sollte man sich auf die deutsche Bürokratie und Gründlichkeit verlassen können. Alles wird dreifach gelocht, abgeheftet, digitalisiert, durch den Fleischwolf gedreht und archiviert.
Umso kurioser, wenn dann etwas nicht stimmt. Und so kommt es dann zu doppelten Datensätzen, inkonsistenten Angaben und falschen Aussagen. Im Moment fällt das einmal mehr auf. Parteien, die noch nicht im Bundestag oder in einem Landtag vertreten sind, müssen auf der Straße nach Unterstützern sammeln. Dieses Wahlverhinderungsprogramm ist eine enorme Hürde, denn man muss sich unzähligen Diskussionen ergeben, muss tausende Papiere drucken, verschiedene Formulare sortieren, Formblätter, Erklärungen, Niederschriften. Hier wird einem so ziemlich jeder Stein in den Weg geschmissen, der zu finden ist. Und dann hat man es in Berlin auch noch mit 12 Bezirksämtern zu tun, die alle verschieden arbeiten. Einige Bezirkswahlleiter machen einen tollen Job, andere machen es zum ersten Mal und haben überhaupt keine Ahnung. In einem Bezirksamt wurde mal eben Urlaub in der wichtigsten Zeit des Jahres genehmigt. Und wieder andere Beamte haben scheinbar eine perverse Freude, die armen Sammler so richtig auflaufen zu lassen.
In jedem Bezirksamt gibt es andere Formulare. Für Landesliste, Bezirksliste, Kreiswahlvorschlag, Wahlkreisvorschlag, Bezirkswahlvorschlag sind es zudem verschiedene Layouts und Anordnungen. Genormt ist hier nichts. Manche Mitarbeiter des Bezirksamtes lassen Gnade vor Recht ergehen und erkennen die Sammelleistung an. Aber es gibt auch Fälle, wo Zettel für ungültig erklärt wurden, weil der Unterschreiber mal Druck und mal Schreibschrift verwendet hat, weil das Datum mit einem anderen Stift eingetragen wurde oder weil jemand in der Zeile verrutscht ist. Dabei ist der Willen des Unterzeichners, seine Unterstützung für diese Partei gegeben, zweifelsfrei erkennbar. Noch ärgerlicher ist es dann, wenn eine Unterstützungsunterschrift abgelehnt wird, weil derjenige seinen Wohnsitz nicht im richtigen Wahlkreis hat. Als Sammler sollte man sich also genau anschauen, für welchen Wahlkreis man sammelt. Die Wähler wissen in der Regel nicht, wohin sie gehören. Es gibt auch Straßen, die durch mehrere Wahlkreise gehen, oder wo die geraden Hausnummern zum Beispiel zu Mitte gehören und die ungeraden zu Reinickendorf. Und wenn man dann auch noch genau weiß, dass der Bekannte im richtigen Wahlkreis wohnt, das Bezirksamt die UU aber partout nicht anerkennen will, rauft man sich schon die Haare. Da wird ein Stapel unterschriebener Formblätter einfach abgelehnt, weil der entsprechende Mitarbeiter sich nicht die Mühe gemacht hat, die Personen im Melderegister zu finden. Aber will man sich mit dem Bezirksamt anlegen? Manchmal muss man es tun. Und in einigen Fällen hat man damit auch Erfolg. Auch Beamte verzählen sich mal, legen Zettel auf den falschen Haufen oder prüfen einfach nicht gründlich. Abgelehnte UU können wieder zugelassen werden, wenn man es schafft zu beweisen, dass die Person wirklich dort gemeldet ist. Ein Riesenärger und -aufwand wegen ein paar Unterschriften.
Wie kommt es zu solchen Fehlern? Nicht immer ist es die Unlust der Mitarbeiter, die gerade sehr stark gebeutelt werden. Denn nachdem sie gerade 350.000 Anschriften für ein Volksbegehren prüfen mussten, kommen nun 37 Parteien, die jeweils 500 – 5000 Zettel geprüft haben wollen, je nachdem, ob sie nur mit Liste an der Bundestagswahl antreten wollen oder auch Direktkandidaten haben und für die Wahl zum Abgeordnetenhaus oder für die Kommunalwahl sammeln. Und das bis zum 20.07.2021. Teilweise ist aber auch die Aktenlage des Bezirksamts falsch und dann existiert ein Bürger dann mal eben an verschiedenen Wohnorten. Man mag sich fragen, wie oft so etwas tatsächlich vorkommt, dass redundante Datensätze existieren. Wie hoch ist wohl die Dunkelziffer. In einer hochmodernen Verwaltung, die sogar die Schulplatzvergabe mit Excel bewältigt sind solche Fehler ja vorprogrammiert.
Aber wie eingangs schon gesagt, es ist ein Wahlverhinderungsprogramm. Man möchte die kleinen Parteien abschrecken, an der Wahl teilzunehmen. Und der ein oder andere hat bereits das Handtuch geworfen. Am 30.07.2021 werden wir erfahren, wer die Hürden genommen hat und es wirklich wissen will.